Spanferkel im Höllenschlund

Der spanische Fußball mit Liga BBVA (Primera División). Top-Clubs: Real Madrid, FC Barcelona, FC Valencia. Spanischer Meister: FC Barcelona
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Raul
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Spanferkel im Höllenschlund

18.11.2005 23:32

München - "Ich werde keine Tore versprechen. Ich verspreche nur, zu rennen wie ein Schwarzer, um morgen leben zu können wie ein Weißer."

Es liegt Bitterkeit in diesem Satz, das ist kaum zu leugnen. Ausgesprochen wurde er im Juni 2004, von Samuel Eto'o.

Der Kameruner gehörte damals noch Real Madrid, auf Torejagd ging er nach einem der unzähligen Leihgeschäfte der Madrilenen aber für RCD Mallorca.

"Madrid, cabron, saluda al Campeon"

Doch trotz imposanter Quote bei den Insulanern wollte ihn Real nicht haben. Der FC Barcelona schlug zu und Eto'o bedankte sich mit 24 Saisontoren und dem Gewinn des Meistertitels.

Er sah sich von Madrid nicht angemessen gewürdigt und so wich in den Stunden des Triumphs dann die Bitterkeit einer aggressiven Form der Schadenfreude. "Madrid, cabron, saluda al Campeon!" (Madrid, du Scheißkerl, grüß den Meister).

Madrid kochte ob Eto'os Obszönität. Der entschuldigte sich zwar später ("Ich habe auf den Teller gespuckt, von dem ich gegessen habe"), dennoch schwor sich die Hauptstadt: Der Tag der Abrechnung würde alsbald kommen...

85.000 gegen Samuel Eto'o

Der Tag der Abrechung ist nun da. 800.000 Kartenanfragen aus aller Welt zählte Reals Kassenwart. Doch für Eto'o wird es auch bei "nur" rund 85.000 wenig kuschelig werden im Höllenschlund Estadio Santiago Bernabeu.

"Eto'o wird so empfangen werden, wie er es verdient", meinte Ronaldo vielsagend und Abwehrchef Iván Helguera ahnt gar: "Eto'o erwartet dasselbe wie Luis Figo in Barcelona."

Bloß nicht wieder Spanferkel...

Jagdszenen wie vor fünf Jahren aber will der spanische Verband mit aller Macht verhindern. Damals begrüßten Figo bei dessen Rückkehr nach Katalonien im verhassten Dress volle Glasflaschen, Feuerzeuge, Handys, diverse Billardkugeln und ein abgetrennter Schweinekopf.

Jeder Eckball des Portugiesen wurde zum Himmelfahrtskommando. Die Madrider Polizei sorgt deshalb schon vor, Codename "Anti-Spanferkel-Plan".

"Wer diesmal ein Spanferkel mit ins Stadion bringt, sollte es lieber aufessen", rät ein Beamter. "Werfer werden von unseren 350 Sicherheitskameras erfasst."

Welten zischen den Supermächten

Sportlich soll es die Wiederauferstehung von Real werden. Zwar liegt der Rekordmeister nur zwei Zähler hinter dem Erzfeind auf Rang drei, spielerisch aber liegen momentan Welten zwischen Real und Barca.

Die Katalanen zauberten sich mit sagenhaften 18 Toren zu fünf Pflichtspielsiegen in Folge, Madrid mühte sich förmlich von Punktgewinn zu Punktgewinn.

Roberto Carlos mit nur einem Bein

Doch gerade rechtzeitig zum Spiel des Jahres sind plötzlich alle Verletzten auf Seiten der Gastgeber wieder fit. Neben Ronaldo kehrt Regisseur Zinedine Zidane in die Mannschaft zurück, und auch David Beckham kann trotz leichter Rückenprobleme auflaufen. Nur Guti zwickt der Muskel.

Roberto Carlos hat eine einleuchtende Erklärung für die wundersame Genesung der Heilsbringer: "Niemand will das Derby der Erzrivalen verpassen. Da spielt man, wenn es sein muss, mit nur einem Bein."

Hoffen auf Ronaldo

Besonders auf Ronaldo, dessen Raubtierzüge in gegnerischen Strafräumen sein ehemaliger Sportdirektor Jorge Valdano einst als "nicht menschlich, sondern unbarmherzig wie eine Herde Stiere" klassifizierte, ruhen die Hoffnungen der Weißen.

"Ich bin 100 Prozent fit. Wir gewinnen 2:0", behauptet der zuletzt drei Wochen verletzte selbstbewusst.

Sammy Eto'o kann darüber nur milde lächeln. "Sollen sie ruhig alle spielen - sonst gibt es danach wieder Ausreden", lästert er weiter. Zuspruch erhält er von Mitspieler Xavi: "Wir wollen mit einer überzeugenden Leistung gewinnen. Jeder in Europa soll sehen, dass wir die beste spanische Mannschaft sind."

Rijkaard vor dem Olymp

Trainer Frank Rijkaard könnte sich in dieser 150. Auflage des "Clasico" ganz nebenbei unsterblich machen. Nach dem 2:1-Sieg vom April 2004 winkt ihm als erstem Barca-Coach in der 106-jährigen Geschichte des Klubs ein zweiter Triumph in Madrid

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